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Behandlung von Suchtstörungen


Eine Suchtstörung ist wohl die am häufigsten vorkommende psychische Erkrankung unserer Zeit. Hier sind nicht so sehr die spektakulären Drogen wie Heroin, Kokain, LSD etc. gemeint, bei großen Bevölkerungsschichten greifen doch eher Drogen wie Rauchen, Alkohol , Haschisch auch exzessiver Kaffee- und Teegenuss, Zucker (vor allem bei Kindern in viel zu großen Mengen beliebt), die allgemein akzeptiertet ist, und wo die Gratwanderung zwischen Genuss und Sucht nicht selten fließend sind. Auch neuere Zahlen zu Tablettenabhängigkeiten sind erschreckend. In den letzten Jahren / Jahrzehnten sind vor allem die Nicht-stofflichen Süchte dramatisch angestiegen. Klassisch ist hier die Spielsucht, mit ihrer modernen Variante der Computerspiele und die Fernsehsucht.
Eine Sonderstellung nehmen die Essstörungen ein.

Behandlung: Süchtige zeichnen sich immer dadurch aus, dass sie scheinbar Teile der Realität nicht verkraften können. Sie betäuben sich, um der Welt in diesem berauschten Zustand- besser gerecht werden zu können. Diese Methode, die Welt zu bewältigen scheint ja zunächst auch zu funktionieren. Der gravierende Nachteil ist, dass die Sucht darauf drängt, mehr von demselben Mittel zu konsumieren. Bei manchen Suchtmitteln funktioniert dies recht langsam und oft unbemerkt, man schlittert so hinein (z.B. beim Alkohol), bei anderen erfolgt die Notwendigkeit zur Suchtmittelsteigerung rasant, wie z.B. beim Heroin oder Kokain oder auch bei vielen modernen so genannten Designerdrogen.
Sucht ist immer auch Genussstörung. Immer wenn man zu einem Suchtmittel greift, weiß man nicht, wie nicht- süchtiger Genuss an dieser Stelle wirklich funktioniert. Stark süchtige Menschen haben immer auch eine schwere Genussstörung, sie wissen z.B. nicht, wie sich richtige Entspannung -ohne Suchtmittel- sich für sie selber anfühlt, sie müssen das oft erst lernen.

Süchte sind mit Persönlichkeitsstörungen, psychotischen Erkrankungen und Borderline Störungen die psychischen Erkrankungen, die am schwersten zu behandeln sind und die die schlechtesten Heilungschancen und gleichzeitig auch immer noch die höchsten Rückfallquoten haben. Zugleich finden wir in diesem Bereich extrem viel Doppel- oder Mehrfacherkrankungen bzw. Diagnosen.
Die Paradoxie der Suchtbehandlung, in der jeder Therapeut steckt ist, dass man weiß, dass unter der Sucht oft schwere Probleme, traumatische, unverarbeitete Zustände bis zu schwersten kindlichen Misshandlungen und Verwahrlosungen zu finden sind. Diese schwerwiegenden Probleme sind aber gerade von der Sucht so überdeckt, dass sie zunächst unbehandelbar erscheinen. Die Zahl der Suchterkrankten, die stundenlang ihre Probleme besprochen haben und Pläne für ihr neues Leben geschmiedet haben, ist groß. Die Süchte blieben, das Suchtverhalten bleibt unangetastet. In den verschiedenen psychotherapeutischen Schulen gibt es nun verschiedene Ansätze mit dieser schwierigen Grundvoraussetzung umzugehen und den Süchtigen Wege aus der Sucht zu bahnen. Ich möchte im Folgenden den personenzentrierten Ansatz -mit traumapsychologischen Aspekten erweitert- darstellen, den wir in der Arbeit unserer Praxisgemeinschaft als Grundlage haben: Die Schwierigkeit bei der Behandlung von allen Süchten ist es, den Süchtigen, der "drauf" ist auf seiner Droge, davon zu überzeugen, dass ein nüchterner Zustand für ihn erstrebenswert ist. Der nüchterne Zustand erscheint ihm ja gerade unaushaltbar, und als Therapeuten müssen wir so ehrlich sein zuzugeben, dass der Zustand ohne Sucht ja auch wirklich erst einmal furchtbar sein kann (je nach Schwere und Dauer der Sucht, und je nach dem konsumierten Mittel). Die Folgeschäden der Sucht (körperlich, mental, finanziell, berufliche Einbuße und die Zerstörung von Beziehungen und weiteren Entwicklungschancen) können verheerend sein. Viele Süchtige schaffen diese Klippe nicht, oder nicht beim ersten Mal.
Der Süchtige muss also als erstes aushalten lernen. In der Therapie wird also zunächst das Aushalten des scheinbar Unaushaltbaren gelernt. Dass es ein Wert ist, Dinge aushalten zu können, nicht gleich zusammen zu brechen, kann stark und stolz machen. Diese Gefühle sind dem Süchtigen zunächst neu und sie werden in den Anfängen der Therapie systematisch geschult. Ohne das Lernen von Aushalten gibt es keine Suchttherapie. Auch der Wert von Nüchternheit muss erst gelernt und gestärkt werden. Dass Nüchternheit ein Genuss sein kann, dass es ein Genuss sein kann, nüchtern Probleme zu bewältigen, muss eine süchtige Person erst lernen. Sie ist sich selbst als starkes, aushaltensbereites und nüchternes Wesen fremd.
Ist der Süchtige dann trocken -ehrlich gesagt- trocken genug, dann erst kann eine Aufarbeitung der traumatischen Erlebnisse erfolgen. Hierzu verwenden wir die traumalösenden Verfahren, die in unserer Praxis üblich sind (Raumerleben nach Hartmann & Hartmann, BSW nach S. Petry, Journeyarbeit nach B. Bays). Dies kann immer nur der zweite Schritt sein. Werden jedoch traumalösende Verfahren eingesetzt, so entfallen sukzessive auch die Ursachen für das süchtige Verhalten, eine weitere Abstinenz wird somit gestärkt und von der süchtigen Person auch immer leichter ertragen.
Leider kann man jedoch eigentlich fast nie sagen, dass eine Sucht wirklich endgültig geheilt ist. Es kann immer zu Rückschlägen kommen. Das liegt vor allem daran, dass "Sucht" auch eine erlernte Bewältigungsstrategie ist. Das heißt, bei einer nächsten schwierigen, zunächst nicht zu bewältigenden Situation kann erneut ein "süchtiger Weg" eingeschlagen werden, entweder indem man zum selben Suchtmittel greift, wie vorher oder durch "Suchtverlagerung", d. h. man wechselt den Suchtstoff. Die Therapie setzt dann auf dieser neuen, schwierigeren Stufe der Bewältigung an. Der/ die Süchtige kann so lernen, sich selber besser zu verstehen, aufmerksam für Situationen werden, in der die Suchtgefahr wieder zunimmt und so nach und nach ein immer abstinenteres Leben zu führen, bei dem das Leben selbst genossen werden kann.


Essstörungen


Bei den Essstörungen finden wir prinzipiell die gleichen Voraussetzungen wie bei der Behandlung von anderen Süchten. Es gibt nur eine zusätzliche Erschwernis: Man kann nicht einfach aufhören zu essen, d.h. die Betroffenen müssen lernen wieder in angemessener Weise zu essen. Und zwar gelten hier für jede der vier häufigsten Essstörungen (Anorexie, Bulimie, Binge-Eating -Disorder (Fressanfälle ohne abführendes Verhalten) und Adipositas) besondere Voraussetzungen. So muss beispielsweise eine Frau, die unter Anorexie leidet, wieder lernen zu essen und die Ängste und die Panik auszuhalten, die entstehen, wenn sie nach und nach wieder normal isst. Sie kann lernen, dass man sich nicht immer und überall kontrollieren kann und braucht, dass es im Leben immer um Kontrolle aber auch um Loslassen und Zulassen geht. Das Gegenteil ist Teil der Bewältigung für Frauen mit Fressattacken. Sie können lernen, sich wieder zu kontrollieren, den Wert von Körperkontrolle wieder erfahren und sie können nach und nach verstehen lernen, warum sie so viel Essen in sich hineinstopfen mussten und die "scheinbaren Löcher" in der Persönlichkeit anders zu füllen als mit Essen.
Das Suchen nach einem persönlichen Weg, die Sucht immer wieder abzuwählen kann zu einem sehr entspannten, lustvollen und interessanten Lebensweg führen.

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